Parasit – Mythos
Die Mistel gilt als romantisch und mythisch – doch für Obstbäume ist sie ein gefährlicher Parasit.
Unkontrolliert schwächt sie Streuobstwiesen, bedroht alte Sorten und gefährdet damit die Vielfalt.
Wenn Spaziergänger durch unsere Streuobstwiesen ziehen, bleiben sie oft unter Bäumen stehen, die im Winter voller kugeliger grüner Büsche hängen
„Wie schön! Das sind doch Misteln, die bringen Glück!“ höre ich dann manchmal.
Für mich als Imker und Streuobstwiesenbesitzer, engagiert im lokalen Obst- und Gartenbauverein, hat die Mistel allerdings einen ganz anderen Beiklang:
Sie ist ein Parasit, und ihre Ausbreitung gefährdet langfristig den Bestand unserer Obstbäume.
Die Mistel bohrt ihre Saugwurzeln in die Äste des Wirtsbaumes. Sie zapft Wasser und Nährstoffe ab – und das nicht zu knapp.
Gerade alte Apfelbäume, die ohnehin oft schon geschwächt sind, kommen damit kaum zurecht.
Mit den Jahren breiten sich die Misteln immer stärker im Baum aus.
Die Folge: Äste sterben ab, die Krone wird lichter, und am Ende geht dem Baum die Kraft aus. Er stirbt.
Unsere Streuobstwiesen leben von der Vielfalt: unterschiedliche Obstsorten, verschiedene Baumgenerationen, blühende Kräuter darunter – und natürlich die Bienen, die alles miteinander verbinden.
Wenn Misteln ganze Bestände schwächen, geht uns Stück für Stück diese Vielfalt verloren. Alte Hochstämme, die oft regionale Sorten tragen, sterben dann frühzeitig ab. Damit verschwindet auch wertvolles genetisches Erbe.
Für mich als Imker ist klar: Die Mistel bringt den Bienen gar nichts. Sie liefert keinen Nektar, keinen Pollen. Ihr ökologischer Wert liegt eher bei Vögeln, die die klebrigen Samen verbreiten. Für die Honigbiene ist sie nutzlos – und gleichzeitig gefährdet sie die Bäume, die unseren Bienen eigentlich Nahrung schenken.
Natürlich hat die Mistel ihren Platz in Mythologie und Brauchtum.
Sie steht für Liebe, Heilkräfte und Hoffnung. Aber wer Verantwortung für eine Streuobstwiese trägt, der muss nüchtern hinschauen:
Unkontrollierte Mistelausbreitung bedeutet den schleichenden Tod vieler Bäume. Werden sie aktiv!
Schon jetzt leiden zahlreiche Streuobstwiesen unter einem massiven Mistelbefall. Hauptursachen sind unzureichende Pflege und fehlendes Bewusstsein. Was auf den ersten Blick harmlos wirkt, schwächt die Bäume Jahr für Jahr-
Gehen Sie bewusst und mit offenen Augen durch unsere Kulturlandschaft
– Sie werden das Ausmaß des Problems schnell erkennen.

Misteln sollte sie regelmäßig ausschneiden, bevor sie groß werden und den Baum schwächen. Das einfache Abbrechen löst das Problem nicht, zumal die Saugwurzeln dem Baum unverändert Nährstoffe entziehen und neue Misteltriebe bilden.
Da ihre klebrigen Samen vor allem von Vögeln verbreitet werden, kann sich der Befall rasch auf andere Bäume ausdehnen.
Umso wichtiger ist es, sich mit den Nachbarn und anderen Streuobstwiesen-Besitzern abzustimmen, denn nur gemeinsames Vorgehen kann die Ausbreitung wirksam eindämmen. Alte, stark befallene Bäume sollten rechtzeitig ersetzt werden, damit die Wiese lebendig bleibt und ihre Vielfalt nicht verloren geht.
Mein Fazit:
Die Mistel mag romantisch wirken, aber auf der Streuobstwiese ist sie ein Problem. Wer unsere Kulturlandschaft und die Lebensgrundlage der Bienen bewahren will, darf hier nicht wegschauen und wird aktiv.
Landschaftsgärtner und die Experten im lokalen Obst- und Gartenbauverein unterstützen Sie.
